Projekte Verbraucherforschung NRW 2019

Stand:
Hier finden Sie Informationen zu den im Jahr 2019 im Rahmen des KVF NRW geförderten Forschungsprojekten.

Hier finden Sie Informationen zu den im Jahr 2019 im Rahmen des KVF NRW geförderten Forschungsprojekten.

On

Hier finden Sie Informationen zu den im Jahr 2019 im Rahmen des KVF NRW geförderten Forschungsprojekten. In den "Artikeln zum Thema" finden Sie nach Abschluss der Projekte die Ergebnisse in Form von Working Papers und Fact Sheets.

Laientheorien zu Kinderlebensmitteln

Prof. Dr. Oliver Büttner und Raphaela Bruckdorfer (Universität Duisburg-Essen) | Prof. Dr. Gunnar Mau (Privatuniversität Schloss Seeburg, Österreich)

Kinderlebensmittel sind mittlerweile fester Bestandteil des Sortiments deutscher Supermärkte. Unter Kinderlebensmitteln versteht man Lebensmittel wie  z. B. Mini-Würstchen, Kinderfruchtjoghurts und Tierkekse, die aufgrund bestimmter Merkmale, wie Verpackungen mit Tier- und Cartoonbildern oder knalligen Farben, vor allem Kinder und deren Eltern ansprechen sollen. Sie werden zwar häufig als besonders für Kinder geeignet vermarktet, jedoch von GesundheitsexpertInnen und VerbraucherschützerInnen häufig als ungesund kritisiert und teilweise mitverantwortlich für kindliches Übergewicht gemacht. Bisher ist allerdings nur sehr wenig darüber bekannt, welche Annahmen und Überzeugungen VerbraucherInnen zu solchen Kinderlebensmitteln haben. Erkenntnisse über diese Annahmen und Überzeugungen sind jedoch zentral für die Verbraucherforschung und -politik, da diese letztlich beeinflussen, wie VerbraucherInnen Informationen über Kinderlebensmittel wahrnehmen und interpretieren, und ob sie diese kaufen.

Im geplanten Forschungsvorhaben wird untersucht, welche Annahmen und Einstellungen erwachsene VerbraucherInnen zu Kinderlebensmitteln haben, und wie diese mit der Wahrnehmung und dem Kauf von Produkten dieser Warengruppe zusammenhängen. Hierfür wird das psychologische Konzept der Laientheorien herangezogen. Anhand einer Online-Befragung soll untersucht werden, welche Laientheorien zu Kinderlebensmitteln existieren. Zudem soll untersucht werden, mit welchen soziodemographischen und psychologischen Merkmalen von VerbraucherInnen Unterschiede in deren jeweiligen Laientheorien einhergehen. Weiterhin soll mit einer Blickregistrierungsstudie untersucht werden, welche Verpackungsmerkmale von Kinderlebensmitteln beim Kaufentscheidungsprozess berücksichtigt werden und wie sich dies bei VerbraucherInnen mit unterschiedlichen Laientheorien unterscheidet.

Das Projekt adressiert damit eine wichtige Forschungslücke in der Verbraucherforschung. Aus den empirischen Befunden sind zudem wichtige Implikationen zu erwarten, die zu einer verbesserten Verbraucherarbeit und -bildung beitragen können.

Förderung des Food Well-Being junger Familien und deren Kinder durch die optimale Gestaltung und Nutzung des Lebensmitteleinkaufs

Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein und Florentine Frentz (Universität Siegen)

Food Well-Being wird definiert als „eine positive psychologische, physische, emotionale und soziale Beziehung mit Lebensmitteln auf individueller und gesellschaftlicher Ebene" (Block et al. 2011, 6) und fußt auf einer ganzheitlichen Betrachtung des Wohlergehens der VerbraucherInnen im lebensmittel- und ernährungsbezogenen Kontext. Bisherige Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einkauf von Lebensmitteln einen signifikanten Einfluss auf die verschiedenen Bereiche des Food Well-Being hat. Insbesondere Kinder können durch den Lebensmitteleinkauf profitieren, in dem sie dadurch Kompetenzen und Fähigkeiten erlernen, die sie langfristig befähigen selbstbestimmte und autonome Lebensmittelkonsumenten zu werden, die in der Lage sind Entscheidungen zu treffen, die ihr Wohlergehen fördern. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die wachsende Prävalenz von Übergewicht relevant. Aber auch Eltern können durch die optimale Nutzung des Lebensmitteleinkaufs ihr Food Well-Being stärken, welches im stressigen Lebensalltag oft in den Hintergrund rückt.

Junge Familien sehen sich jedoch häufig mit Herausforderungen konfrontiert, die es ihnen erschweren, die Möglichkeiten und Strukturen des Lebensmittelhandels bestmöglich auszuschöpfen. Der Lebensalltag junger Familien ist häufig hektisch, Geld und Zeit sind oft nur begrenzt vorhanden und die Vereinbarung der Wünsche und Bedürfnisse der einzelnen Familienmitglieder gestaltet sich manchmal als schwierig. Hinzu kommt, dass junge Familien durch die Umstellung der Lebensumstände und den neuen Verantwortlichkeiten einer besonders hohen Komplexität ihrer Kauf- und Konsumentscheidungen gegenüberstehen.

Dies wirft die Frage auf, was getan werden kann, um junge Familien in der Stärkung ihres Food Well-Being zu unterstützen. Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst basierend auf einer Betrachtung des Marktes hinsichtlich der Bedürfniserfüllung junger Familien überprüft, welche Strukturen und Beschaffungsmöglichkeiten für junge Familien momentan zur Verfügung stehen. Darauf aufbauend soll durch Experteninterviews sowie Fokusgruppen mit Eltern ermittelt werden, inwiefern die vorhandenen Strukturen und Möglichkeiten momentan von den Familien genutzt werden und in welchen Bereichen diese Ausschöpfung optimiert werden kann. Da sich der Lebensmittelhandel im Zuge der Digitalisierung in den letzten Jahren stark gewandelt hat, ist zu vermuten, dass die neu entstandenen Möglichkeiten von vielen Eltern noch nicht oder nur teilweise erkannt wurden. Der Hauptnutzen des Forschungsprojektes liegt schließlich in der Ableitung von Maßnahmen, um die vorhandenen Strukturen und Möglichkeiten sowie deren Ausschöpfung durch das Einschreiten des Verbraucherschutzes, der Verbraucherpolitik, der Lebensmittelanbieter und nicht zuletzt der Konsumenten selbst noch weiter zu verbessern und so das Food Well-Being der Familien langfristig zu stärken.

Informationen | https://www.wiwi.uni-siegen.de/marketing/projekte/?lang=de#Thema_FWB

Literatur

Block, Lauren G., Sonya A. Grier, Terry L. Childers, Brennan Davis, Jane E.J. Ebert, Shiriki Kumanyika, Russell N. Laczniak,  Jane E. Machin, Carol M. Motley, Laura Peracchio, Simone Pettigrew, Maura Scott und Mirjam N.G. Ginkel Bieshaar. 2011. From nutrients to nurturance: A conceptual introduction to food well-being. Journal of Public Policy & Marketing 30, Nr. 1: 5–13. doi:10.1509/jppm.30.1.5.

 

Zwischen Fremdsteuerung und Selbststeuerung – Der Umgang älterer VerbraucherInnen mit digitalen Sprachassistenten

Prof. Dr. Hanna Schramm-Klein, Dr. Michael Schuhen und Anne Fota (Universität Siegen) | Prof. Dr. Gunnar Mau (Privatuniversität Schloss Seeburg)

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung werden VerbraucherInnen immerzu mit neuen Technologien konfrontiert. Als Teil dieser Entwicklung steht aktuell der Einsatz von digitalen Sprachassistenten besonders im Fokus. Insbesondere große internationale Unternehmen wie Amazon, Google, Apple, Microsoft oder Samsung spielen als Akteure eine besondere Rolle und engagieren sich in der Entwicklung und Erweiterung digitaler Sprachassistenten wie Smart Speakers (z. B. Amazons Alexa oder Google Home) oder integrierter Sprachanwendungen in Smartphones (z. B. Apples Siri). Die Hauptmerkmale dieser neuen Technologie liegen v. a. in Elementen der Mensch-Computer-Interaktion und der Aufgabenbewältigung und Leistungserbringung durch diese für VerbraucherInnen.

Obwohl die Anzahl der derzeitigen Benutzer ebenso wächst wie die derjenigen, die künftig digitale Sprachassistenten verwenden möchten, sind die Interaktionen zwischen älteren VerbraucherInnen (Ü60) und digitalen Sprachassistenten im Konsumkontext bisher weitestgehend unerforscht. Hier lässt sich aufgrund besonderer Bedürfnisse und einer möglichen geringeren Kompetenz hinsichtlich der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien eine steigende Verbraucherverletzlichkeit im Vergleich zu anderen Verbrauchergruppen vermuten. So liegen bisher keine Erkenntnisse darüber vor, wie ältere VerbraucherInnen digitale Sprachassistenten für Online-Shopping nutzen und an welcher Stelle sich hieraus ggf. Gefahren für diese entwickeln, welche Daten (bewusst und unbewusst) freigegeben werden und ob es eine vielfach in den Medien diskutierte Lenkung des Konsums tatsächlich gibt. Solch eine Lenkung kann in Form einer reduzierten Vorauswahl durch digitale Sprachassistenten erfolgen und ist mit einer Einschränkung der freien Produktwahl oder der Verfügbarkeit bestimmter Varianten verbunden. Auf der anderen Seite können Kauf- und Entscheidungsprozesse wesentlich vereinfacht und in deutlich bequemerer Form stattfinden. So können je nach Vorauswahl und Konfiguration der Systeme, mit denen über die Sprachassistenten kommuniziert wird, auch besonders vorteilhafte Produkt- und Auswahlmöglichkeiten gefördert werden. Insbesondere bei älteren VerbraucherInnen mit Ernährungseinschränkungen wäre durch digitale Sprachassistenten eine Vorauswahl an Produkten entlang einer definierten Ernährungsrichtlinie möglich, um somit eine gesündere Lebensweise zu unterstützen.

Ziel dieses Projektes ist dabei, folgende Forschungsfragen zu klären:

  1. Welche Rolle spielen digitale Sprachassistenten beim Einkauf und Konsum älterer VerbraucherInnen?
  2. Wie gehen ältere VerbraucherInnen mit digitalen Sprachassistenten um? An welcher Stelle ergeben sich hieraus Chancen und Gefahren?

Dafür sollen sowohl qualitative als auch quantitative Studien durchgeführt werden, um ein Forschungsprogramm zu entwickeln, in dem ordnungspolitische Maßnahmen und kompetenzfördernde Tools abgeleitet werden, um ältere VerbraucherInnen im Umgang mit digitalen Sprachassistenten, insbesondere beim Online-Shopping und täglichen Konsum, zu unterstützen.