Die Veranstaltungen
22. Februar 2021: Digital gut beraten? – Curated Shopping im Spannungsfeld von Entlastung der und Anforderungen an Kund:innen
Dr. Paul Eisewicht und Nico Steinmann, M. Ed. (Technische Universität Dortmund)
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Die fortschreitende Digitalisierung hat nicht nur die Art und Weise, wie wir Einkaufen maßgeblich verändert, sondern sie befördert auch neue Erfahrungen und Erwartungen daran, was (Online-)Shopping als Erlebnis auszeichnet. Dazu gehört u. a. dass Online-Shops typischerweise zeitungebunden und zumeist auch weitestgehend ortsungebunden verfügbar sind. Sie bieten somit umfassende Möglichkeiten verschiedenste Güter zu erwerben, sich über sie zu informieren und sie miteinander zu vergleichen. Aus einer schier unüberschaubaren Anzahl von Produkten, Herstellern und Anbietern können und müssen Kund:innen eine Auswahl treffen. Dabei kann zumeist und im Gegensatz zum stationären Einzelhandel nicht auf beratendes Service-Personal zurückgegriffen werden. Mit neuen (Lust-)Erlebnissen im Online-Shopping geht so auch einiges Frustrationspotenzial in der selbstverantwortlichen Auswahl aus einem "Angebot im Überfluss" einher. Eine Möglichkeit, Konsument:innen beim Einkauf im Internet von diesem Auswahlproblem zu entlasten, wird unter dem Schlagwort des Curated Shopping diskutiert: Es handelt sich um eine digital vermittelte Form persönlicher Beratung, die Kund:innen eine reduzierte Auswahl von Gütern präsentiert und so u. a. das Auswahldilemma zu vereinfachen versucht. Gerahmt wird dieses neuartige Beratungsangebot durch neue Erlebnisversprechungen. Im Rahmen der Beratung sehen sich Beratende und Beratene, so unsere These, jedoch mit neuen (digitalisierten) Abstimmungsproblemen konfrontiert, die bearbeitet werden müssen. So muss etwa der konkrete Gegenstand der Dienstleistung genauso spezifiziert werden, wie die Frage danach, welchen Beitrag die beteiligten Akteur:innen zum Gelingen selbiger leisten müssen. Diese Aushandlungsprozesse sollen entlang des Forschungsgegenstandes der ‚persönlichen Stilberatung‘ beim Kleidungs- bzw. Outfitkauf im Internet diskutiert und charakterisiert werden.
22. März 2021: Von der Anti-Sklaverei-Bewegung zum Fairen Handel: Konsum, Moral und politischer Protest seit dem 18. Jahrhundert
Dr. Benjamin Möckel (Universität zu Köln)
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Konsum und Moral sind seit den Anfängen der Konsumgesellschaft eng verbunden. Von politischen Kampagnen wie der Anti-Sklaverei-Bewegung und des Antikolonialismus bis zu Sittlichkeitskampagnen gegen moderne Warenhäuser oder den Konsum von Alkohol: Der private Konsum wurde immer wieder zum Ausgangspunkt politischer und moralischer Konflikte. Der Vortrag stellt auf Basis dieser historischen Deutungslinien aktuelle Phänomene des "Ethischen Konsums" in einen längeren zeitlichen Zusammenhang. Der erste Teil des Vortrags verdeutlicht diese längeren Traditionslinien und betont zwei zentrale Deutungen: Einerseits die Rolle des Konsumenten als eines politischen Akteurs, der vor allem in politischen Umbruchphasen eine aktive zivilgesellschaftliche Partizipation jenseits etablierter Formen der politischen Repräsentation ermöglichte – nicht zuletzt auch für Frauen, die von anderen Foren der politischen Willensbildung oft ausgeschlossen blieben. Der zweite Teil fragt auf dieser Grundlage, welche Spezifika sich für heutige Formen des "Ethischen Konsums" herausarbeiten lassen. Der Vortrag analysiert hierzu die Ursprünge neuerer Formen des "Ethischen Konsums" in den späten 1960er-Jahren und analysiert, wie diese Konsumpraktiken einen Deutungswandel erlebten, in dem die ursprünglich stark konsumkritisch geprägten Kampagnen zu eigenständigen – und in jüngster Zeit auch kommerziell äußerst erfolgreichen – Segmenten der Konsumgesellschaft wurden.
22. April 2021: Kaufkultur E-Commerce: Die gabenökonomische Implikation
Prof. Dr. Birger Priddat (Universität Witten/Herdecke)
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Im Internet sind die Nutzer:innen kulturell längst gewöhnt, frei im Modus von Geben und Nehmen ohne rationale Wertäquivalenzabschätzung zu operieren, vornehmlich auf der Informations- und Wissensebene. Das gilt auch für die Daten- und Informationsgeschenke, die die User ständig den Firmen geben, um mit Werbung belohnt zu werden, d. h. mit zunehmend individuell zugeschnittenen Aufmerksamkeiten. Alle Informationen, die Google, Amazon, Yahoo, Facebook etc. nutzen, sind Gratisgeschenke der Nutzer:innen an die Firmen. Jaron Lanier weist darauf hin, dass hier das kapitalistische System aussetzt: Google et al. müssten, wenn es ökonomisch zuginge, für jede Informationsnutzung und -verwertung an die Nutzer:innen zahlen, d. h. ihnen die jeweiligen Nutzungsrechte abkaufen. Erst dann wären wir wieder in einem (klassischen) Markt. In der jetzigen Fassung haben wir es mit asymmetrischer Reziprozität zu tun: Die Datengeschenke werden von Google et al. profitabel genutzt, die Geber:innen bzw. Nutzer:innen bekommen hingegen lediglich ihre individuell zugeschnittenen Angebote, d. h. einen Service, den sie nicht bestellt haben, aber "dankbar" – als einen comfort of life – annehmen; als ob sie es von Google et al. "geschenkt" bekämen. Dadurch verfällt der Blick dafür, dass sie längst bezahlt haben: über einen unfreiwilligen Kontrakt, den sie post hoc 'legitimieren', ohne die Preise zu wissen. Innerhalb der Märkte läuft eine marktferne Transaktionswelt, die den Anschein einer reziproken Moralökonomie hat, obwohl sie auf einer (ausgeprägten) Wertschöpfungsasymmetrie beruht. Der Vortrag analysiert die Kaufkultur des E-Commerce, entfaltet die Struktur einer Gabenökonomie, ihre Geltung auch für die modernen Märkte, um schlussendlich die digitale Ökonomie als Markt/Non-Market-Hybrid zu beschreiben, dessen Komplexität eine neue Infrastruktur des Konsums aufschließt.
31. Mai 2021: Virtuelle Stilberatung als Möglichkeit der Aufforderung zur Singularität
Jenny Berkholz, M. A. (Universität Siegen)
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Shoppen und symbolischer Konsum wurde vielfach als begehrenswertes Erlebnis und als Möglichkeit betrachtet, den eigenen Stil auszudrücken. Konsument:innen scheint diese Lust jedoch zu vergehen. Moderne Produktionsformen, Mass-Customization und der Online-Handel hat zur explosionsartigen Steigerung von Auswahlmöglichkeiten geführt. Dabei können die komplexen Entscheidungsarchitekturen und ein Information-Overload Unsicherheiten und Überforderung zur Folge haben. Dieser Frust mündet unter anderem in der Nutzung von virtuellen Stilberatungen wie Zalon. Entscheidung über den eigenen Stil werden durch diese digitalen Dienstleistungen an den Computer delegiert, um sich helfen zu lassen, den eigenen Geschmack herauszubilden. Diese Entlastung führt jedoch nicht automatisch zu einer höheren Autonomie seitens der Konsument:innen. Denn der Wunsch zur Selbstverwirklichung ist zum Diktat der Selbstverwirklichung geworden, wie es auch von Reckwitz als sozialer Imperativ der Singularität beschrieben wird. Die gesellschaftliche Aufforderung der Singularität ist dabei kein eigenes Bedürfnis des romantischen Subjekts, vielmehr kehrt sich die Logik der frühen Produktkonfiguration der Selbstverwirklichung im Sinne Hegels um. Das Werteversprechen der virtuellen Stilberatung besteht darin, die Forderung, individuell und authentisch zu wirken, möglichst effizient zu realisieren. In dem Sinn stellt es eine gewitzte Strategie dar, dem Diktat nach Individualität geschickt zu unterlaufen. Mit anderen Worten: Der virtuellen Stilberatung liegen paradoxale Struktur zugrunde. Man ist nicht authentisch, sondern wird authentisch gemacht. Für meinen Vortrag möchte ich mich dem Phänomen der Stilberatung unter den beschriebenen Gesichtspunkten nähern. Darüber hinaus möchte ich die Digitalisierung dieser Dienste gleichzeitig als Demokratisierungsprozess verstehen. Hierfür sollen auch weitere (historische) Beispiele Berücksichtigung finden.
28. Juni 2021: Augen auf beim Kauf? – Visuelle Aufmerksamkeitsbreite und impulsives Kaufverhalten
Prof. Dr. Oliver B. Büttner (Universität Duisburg-Essen)
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Impulsive Käufe, bei denen Kaufentscheidungen spontan getroffen und von positiven Emotionen begleitet werden, sind ein weitverbreitetes Phänomen und den meisten Konsument:innen vertraut. Häufiges impulsives Kaufen kann jedoch auch zu negativen Konsequenzen führen, etwa in der Form von unerwünschten Mehrausgaben oder sogar Überschuldung. In der Konsumentenverhaltensforschung wird impulsives Kaufen häufig als Selbstkontrollkonflikt zwischen Verlangen und Willensstärke konzeptualisiert. Eigene Forschungsarbeiten der letzten Jahre konnten einen weiteren psychologischen Prozess identifizieren, der zur Entstehung impulsiver Käufe beitragen kann: die Breite der visuellen Aufmerksamkeit. Der Vortrag gibt einen Überblick über eine Reihe von Eye-Tracking-Studien und Feldexperimenten und zeigt die wichtige Rolle, welche die Aufmerksamkeitsbreite für das Entstehen von impulsiven Käufen spielt. So zeigte sich beispielsweise, dass impulsive Käufer:innen in Einkaufssituationen leichter visuell ablenkbar sind als nicht-impulsive Käufer:innen. Durch den Einsatz psychologischer Interventionstechniken wiederum konnte diese Ablenkbarkeit reduziert werden. Mehrere Feldexperimente zeigen zudem, dass sich die Aufmerksamkeitsbreite durch einfache visuelle Aufgaben direkt im Ladengeschäft beeinflussen lässt. Breite Aufmerksamkeit führt dabei zu verstärktem Explorationsverhalten und zu einer erhöhten Anzahl von ungeplanten Käufen. Dabei zeigte sich, dass insbesondere impulsive Käufer:innen anfällig für die Effekte der Aufmerksamkeitsbreite sind. Aus den Erkenntnissen lassen sich Implikationen für den Konsumenten- und Verbraucherschutz ableiten. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Frage, wie Konsument:innen diese Erkenntnisse nutzen können, um unerwünschte Impulskäufe zu reduzieren – und dies bereits bevor es zu Konflikten zwischen Verlangen und Willensstärke kommt.
30. August 2021: Lust und Frust des Social-Media-Konsums: Über Verbraucher-Resilienz und deren Bedeutung für das "Social Dilemma"
Alena Bermes, M. Sc. und Vita E. M. Zimmermann-Janssen, M. Sc. (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
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Die Netflix-Dokumentation "The Social Dilemma" beleuchtet die Schattenseiten von sozialen Medien und wie diese Wahrnehmungsstörungen, Süchte oder gar Selbstmorde hervorrufen. Wenngleich Dokumentationen keine wissenschaftlichen Befunde ersetzen, so deuten sie oft auf aktuelle gesellschaftliche Probleme hin. Auch hier, denn Fakt ist: Viele Verbraucher:innen können sich einen Alltag ohne soziale Medien nicht mehr vorstellen. Dabei zeigen Umfragen, dass viele Verbraucher:innen wahrnehmen, dass ihr Social-Media-Konsum schlecht für ihre psychische Gesundheit ist und sie zu viel Zeit damit verbringen. Jedoch sei die Angst, ohne nicht mehr up to date zu sein, größer als der Wunsch, sich abzumelden – eben Lust und Frust des Social-Media-Konsums. Aber ist die komplette Abmeldung von sozialen Medien die Lösung? Wir postulieren, dass dies nicht alleinig der Fall sein muss und möchten daher mit dem Beitrag die Aufmerksamkeit auf ein bis dato in den Verbraucherwissenschaften wenig beachtetes Phänomen lenken: Verbraucher-Resilienz; hier verstanden als Widerstandskraft und positive Anpassungsfähigkeit von Verbraucher:innen gegenüber konsumbezogenen Herausforderungen. Basierend auf eigenen empirischen Untersuchungen können wir zeigen, dass Verbraucher-Resilienz als Schutzschild für Stressoren in der digitalen Welt fungieren und Verbraucher:innen zugleich zu einem maßvolleren Konsum von sozialen Medien bewegen kann. Ferner sollen zum Ende des Beitrags Möglichkeiten vorgestellt und diskutiert werden, wie Verbraucher-Resilienz u. a. durch Ansätze der Verbraucherbildung bzw. des Boostings gestärkt werden kann und welche Implikationen sich für die Verbraucherpolitik und -wissenschaften ergeben könnten.
27. September 2021: Konsumverzicht, Minimalismus und Well-Being
Prof. Dr. Adrienne Steffen (IUBH Internationale Hochschule), Yasemin Bozdemir und Prof. Dr. Susanne Doppler (Hochschule Fresenius Heidelberg)
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Obwohl Konsument:innen über Jahrzehnte gelernt haben, dass sie übermäßiger Konsum und Konsumerlebnisse befriedigen, machen sich Verbraucher:innen in den vergangenen Jahren zunehmend Gedanken über die Folgen eines exzessiven Lebensstils sowohl in psychologischer, ökonomischer als auch in ökologischer Hinsicht. Insbesondere die Einstellung der Menschen zum Konsum hängt positiv mit der Art und Weise zusammen, wie sie sich in ihrem Leben fühlen. Laut einer Studie von Burroughs und Rindfleisch aus dem Jahr 2002 erzeugt Materialismus Spannungen im Menschen, die wiederum das Wohlbefinden senken. Einige Konsument:innen leben freiwillig "einfach" nach dem Prinzip der Voluntary Simplicity. Sie reduzieren Unordnung und belastende zeitliche Verpflichtungen. Anti-Konsum wird als lebensstilgetriebener Wunsch beschrieben, ein einfacheres Leben zu führen. Im Allgemeinen ist der Minimalismus eine Form des Anti-Konsums mit dem Streben nach einem Sinn außerhalb des materialistischen Besitzes. Das Ziel der dem Vortrag zugrunde liegenden Forschung ist es herauszufinden, ob es einen Zusammenhang zwischen Minimalismus als Beispiel für eine antikonsumorientierte soziale Praxis und dem Konzept des Well-Beings gibt. Mit einem explorativen Ansatz wurden im Herbst 2020 leitfadenbasierte Interviews mit Konsument:innen geführt, die sich als Minimalist:innen bezeichnen. Die Interviews wurden codiert und mit einer Inhaltsanalyse ausgewertet. Alle Studienteilnehmer:innen gaben an, sich durch weniger Konsum besser zu fühlen. Im Rahmen einer quantitativen Studie wurde der Zusammenhang zwischen Anti-Konsum und Well-Being mit 221 Teilnehmer:innen überprüft, die sich nicht explizit als Minimalist:innen bezeichnen. In dieser Stichprobe konnte der Zusammenhang zwischen Anti-Konsum und Well-Being nicht bestätigt werden.
25. Oktober 2021: Konsum unter sozialem Druck? Der Trend hin zu nachhaltigem Konsum – und der Trend dagegen
Soonim Shin, M. A. (Wien)
Warum steigt die Anzahl der Menschen, die wegen Unzufriedenheit mit ihrem Konsumverhalten "ein schlechtes Gewissen" haben? Wie genau kommt dieses massenhafte "schlechte Gewissen" zustande? Der Konsumsoziologe Kai-Uwe Hellmann erklärt in seinem Buch Der Konsum der Gesellschaft: "Es wird vermehrt an das Gewissen der Konsumenten appelliert, sich beim Kauf […] fortlaufend zu überlegen, welche sozialen und ökologischen Kosten und Folgeprobleme damit verbunden sind"; der Konsum solle nämlich "erheblich ethischer, moralischer, nachhaltiger erfolgen". Aber wer ist dieser Jemand, der "an das Gewissen der Konsumenten appelliert"? Im Satz zuvor hat Hellmann von einer "Bewegung" gesprochen, "die für eine stärkere Selbstverantwortung der Konsumenten eintritt". Ruft also eine solche – offenbar medial aktive – "Bewegung" bei immer mehr Konsument:innen ein "schlechtes Gewissen" hervor? Oder entsteht das "schlechte Gewissen" bei Konsument:innen stattdessen ohne Einfluss von außen, einfach durch eigenes Nachdenken? Wenn also andere unseren Blick auf unser Konsumverhalten beeinflussen können, wie stark ist dann dieser Einfluss? Die Frage ist also, ob es heute wirklich schon spürbaren sozialen Druck gibt, nachhaltiger zu konsumieren. Oder ist – im Gegenteil – nur sozialer Druck dahingehend festzustellen, eben nicht nachhaltig zu konsumieren? Eine zweite Frage ist, ob "Ansprüche an ein bestimmtes ethisches Verhalten […] zur psychischen Belastung werden oder Abwehr hervorrufen".
22. November 2021: Und was kommt nach dem Rausch? Formen des psychischen Ekels in der Nachkonsumphase
Tobias Weilandt, M. A. (Hamburg)
Schaut man sich die Charakteristika von Typen pathologischen Konsumverhaltens (z. B. Binge-Eating-Disorder, Compulsive Buying) im weitesten Sinne an, so liegt der Forschungs- und Definitionsfokus auf den Merkmalen, die Menschen zu krankhaftem Konsumverhalten motivieren, also auf Gefühlen, die vor dem Exzess zu beobachten sind. So zählt bspw. die American Psychiatric Association in ihrem Kriterienkatalog für die "Binge-Eating-Disorder” insgesamt fünf klinische Merkmale auf; von diesen Merkmalen bezieht sich allerdings nur eines auf die Nachkonsumphase: Man schämt sich für die Mengen, die man vertilgt hat, weshalb Patient:innen heimlich und allein essen. Zudem ekelt man sich vor sich selbst. Auch außerhalb von pathologischem Konsumverhalten (bspw. non-compulsive buyers) gibt es Konsumexzesse mit darauffolgenden, allerdings abgeschwächten moralisch imprägnierten Negativgefühlen. So kann auch bei sozial und ethisch eingestellten Konsument:innen das Verhalten aus dem Ruder geraten und sich Scham und vor allem Ekel einstellen. Ziel meines Vortrages ist es, die verschiedenen Typen der psychischen Ekelgefühle im Kontext von (nicht-pathologischen) Konsumexzessen herauszuarbeiten, deren Verhältnisse untereinander zu klären und so einen breiteren Einblick in die Nachkonsumphase zu geben. Aussichtsreiche Kandidaten hierfür sind u. a. der Ekel vor sich selbst motiviert durch Scham, weil man einer bestimmten Verhaltensnorm (Mäßigung, Nachhaltigkeit etc.) nicht gerecht wurde. Eine zweite Form ist ein sich einstellender "Überdrussekel” als ein Gefühl des Nicht-mehr-Ertragen-Könnens oder der übersteigerten Langeweile. Das Gefühl des Ekels als moralische Reaktion ist dahingehend für die Konsumforschung interessant, steht es doch in einem Spannungsverhältnis zum Imperativ des Konsums. Denn Ekel ist geradezu als eine Abwehrreaktion das Gegenteil von Konsumtion.